Gellendes Gelb tönt aus Hiobs Qual

Neue Westfälische, Nr. 116
Montag, 20. Mai 1996


Ausstellung mit Sabine Wenig eröffnet
Gellendes Gelb tönt aus Hiobs Qual


Von Ute Mathwig

Herford. Gelbe, orange und blaue Flächen springen von den Wänden in den Altarraum in St. Johannis. Dumpfe Trommelschläge von der Empore empfangen die Besucher und kontrapunktieren die Farben. "Hiob" heißt das Projekt in Farbe und Ton der Bielefelder Künstler Sabine Wenig (Bilder) und Reinhold Westerheide (Musik), das mit einer Farb-Ton-Gebung eröffnet wurde.

Korrespondenz und Isolation kennzeichnen Exponate und Musik. Hiob ringt zwischen zwei Existenzprinzipien, in Gott und Teufel dualisiert. Das sinnvolle Sein in sich als lichtes Ruhen im "Eigensinn" wird angefochten vom "Preis-Sinnverhältnis", dargestellt in der Frage des Teufels "Meinst du, daß Hiob Gott umsonst fürchtet?" Die Bilder Sabine Wenigs sprechen in Farbflächen und zeichnerischen Elementen vom Kampf des Menschen, vom Kampf Hiobs, mit diesen Elementen. Aus sich vedunkelnden Farben an der "Schaltstelle"  der Bilder entsteigt oft eine Figur, stark vereinfacht aber gegenständlich.

Die Musik, die Reinhold Westerheide konzipierte, nimmt die Flächentrennung räumlich auf. Von der Empore klingen vom Band Vokalsequenzen eigensinnig einheitlich. Facettengefächert tönt der Sopran Wynanda Zeevaarders in Klage und Aufbegehren. "Wo ist die Stätte der Einsicht", fragt mit ostinater Wiederkehr die Stimme, begleitet von Trommelschlägen von der Kanzel.

Was Sabine Wenig mit kräftiger Flächigkeit darstellt, kontrapunktiert Reinhold Westerheide mit filigranen Klangflächen der Gitarre. Ein Klangportrait Hiobs auf dem zwölfsaitigen Instrument malt den vom Zweifel und Unglück ergriffenen Glücklichen mit Schlägen in die dahinplätschernde Harmonie, schafft Klänge gleißend und scharf, Harmonien, die langsam verzerrt werden, hohle Akkorde, die mit Dissonanzen geschlagen sind. Die "Gegenständlichkeit" wahrt der Musiker auch in der Musik. Seine Klänge sind neu, aber der Hörer erkennt faßbare, bekannte Rudimente. Der Sehende erkennt Figuren der Hiobgeschichte: die drei Freunde Elifa, Bildad und Zofar und die Urtiere Behemot und Leviatan. Aber er kann mehr erkennen als er sieht: eine neue Möglichkeit in unmöglicher Wirklichkelt.

Das ist eine Idee des  "KiK", des Vereins Kultur in Kirchen, der mit dieser Ausstellung auch in Minden, Oeynhausen, Bielefeld, Gütersloh und Unna seine Arbeit fortsetzt.

(mit freundlicher Genehmigung der Neuen Westfälischen)